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Bundeswehr sieht Notwendigkeit für Kriegsvorbereitung

Lars Hoffmann

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Das Verteidigungsministerium und die deutschen Streitkräfte gehen in ihren Planungen offenbar immer mehr von der Möglichkeit einer sich zuspitzenden Sicherheitslage für die NATO aus. „Wir müssen uns auf einen weitgehend entgrenzten, zum maximalen Ressourceneinsatz drängenden Krieg gegen Russland vorbereiten“, sagte am Dienstagabend Generalleutnant Kai Rohrschneider, Abteilungsleiter Einsatzbereitschaft und Unterstützung Streitkräfte im BMVg, beim Parlamentarischen Abend des Liebherr-Konzerns in Berlin. Denn die Befähigung zur Kriegführung sei fundamental für die Abschreckungsfähigkeit.

Der General verwies auf die in der Ukraine gemachten Erfahrungen. Es handele sich dort um einen Abnutzungskrieg, bei dem die Logistik entscheidend sei. Er geht davon aus, dass keine „entscheidungserzwingende Operation“ den Krieg beenden wird, sondern die Verfügbarkeit von Ressourcen die Schlüsselrolle spielt.

Für Deutschland gebe es in Zukunft drei Hauptaufgaben: Als Truppensteller, der militärische Verbände für die Verteidigung des Bündnisses außerhalb des Bundesgebietes bereithält. Als „Troop receiving Nation“ für das Aufnehmen von Verstärkungskräften der NATO sowie als Transitdrehscheibe, um den Durchmarsch von Truppen zu gewährleisten.

Während früher Logistik und Versorgung in einem bedrohungsfreien Raum erfolgten, prognostiziert Rohrschneider für die Zukunft ein „Joint all Domain Threat“. Er wies daraufhin, dass sich beispielsweise Berlin in Reichweite von ballistischen Flugkörpern aus dem Oblast Kaliningrad befindet. Planer der Bundeswehr rechnen offenbar auch damit, dass im Kriegsfall ein für den US-Nachschub entscheidender Hafen wie der von Bremerhaven zum Ziel russischer Angriffe werden könnte.

Neben Land, Luft und See kommen nach Aussage des Generalleutnants der Cyber-, der Informations- sowie der Weltraum als weitere Dimensionen der Kriegführung in Frage. Ohne den Zugriff der Ukraine auf das Satelliten-System Starlink wäre der Krieg womöglich bereits zu Gunsten Russlands beendet worden, sagte Rohrschneider. Schon heute geht die Bundeswehr von Angriffen aus Russland im Cyber- und Informationsraum aus.

Vor diesem Hintergrund muss sich nach Auffassung des Generals auch die Unterstützung und Logistik der Bundeswehr verändern. Es gehe um den Aufbau eines bruchlosen Systems von der Alarmierung, über die Mobilisierung bis hin zur Gefechtsführung. Dies ist nach Aussage des BMVg-Abteilungsleiters essenziell für die Abschreckung. Schließlich wolle man die für Deutschland wichtige nukleare Teilhabe nicht in den Mittelpunkt der Abschreckung rücken.

Der Krieg, den es zu verhindern gelte, sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, betonte Rohrschneider. Im Ernstfall sei der Zugriff auf alle Ressourcen des Staates erforderlich.

„Wir brauchen auch eine entsprechende Wehrverwaltung“, sagte er mit Blick auf die erforderlichen Fähigkeiten für eine Mobilmachung. Er forderte außerdem, die Kooperation mit der Wirtschaft zu vertiefen und den „Host Nation Support“ für die Streitkräfte befreundeter NATO-Staaten in Deutschland weiterzuentwickeln. Auch müssten Systeme wieder stärker dezentralisiert werden, um militärisch leistungsfähiger zu sein. Dabei verwies Rohrschneider auf die immensen logistischen Herausforderungen: Für die Verlegung einer Brigade benötigt die Bundeswehr seiner Aussage zufolge 30 Eisenbahnzüge. Zur Versorgung dieser Brigade im hochintensiven Gefecht brauche man pro Tag ebenfalls 30 Züge.

Lars Hoffmann

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