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Niederlande wollen zwei Magazinschiffe mit israelischen Flugkörpern beschaffen

Lars Hoffmann

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Das niederländische Verteidigungsministerium will kurzfristig die Kampfkraft ihrer vier Luftverteidigungs- und Kommando-Fregatten (LC-Fregatten) der De-Zeven-Provinciën-Klasse erhöhen und dazu zwei sogenannte multifunktionale Unterstützungsschiffe anschaffen, die mit Boden-Luft-Flugkörpern großer Reichweite und Loitering Munition aus israelischer Produktion ausgestattet werden sollen. Im Prinzip handelt es sich um Magazinschiffe, da die Feuerleitung über die Sensorik der Fregatten erfolgt, wie aus einem vorgestern veröffentlichten Bericht an das niederländische Parlament hervorgeht.

Die Kosten für das Vorhaben werden auf 250 Millionen bis 1 Milliarde Euro geschätzt und der Zulauf der Schiffe soll Anfang 2026 starten. Auch die Bewaffnung wird den Vorgaben zufolge ab 2026 geliefert. Beide Einheiten sollen bereits 2027 voll einsatzbereit sein. Die Unterstützungsschiffe sollen für drei Aufgaben genutzt werden:

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  • Unterstützung der LC-Fregatten mit Langstreckenflugabwehrraketen
  • Bekämpfung von Bodenzielen mit Langstrecken-Präzisionsmunition zur Unterstützung amphibischer Operationen des Marinekorps sowie für andere Operationen
  • Schutz der kritischen Infrastruktur in der Nordsee

Dazu kommt noch die Fähigkeit zur elektronischen Kriegsführung, um die Aufgaben erfüllen zu können.

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Die neuen Magazinschiffe werden den Planungen zufolge mit einer kleinen Besatzung von jeweils mindestens acht Crew-Mitgliedern auskommen und auf dem Achterdeck mit Containern der für eine spezifische Mission benötigten Bewaffnung und Ausrüstung ausgestattet werden. Dabei wird der niederländische Schiffbauer Damen dem Bericht zufolge neben dem Bau auch die Integration der Systeme auf den Schiffen übernehmen, während das Verteidigungsministerium die Integration mit dem Führungssystem der LC-Fregatten durchführt.

Laut Konzept soll das Unterstützungsschiff einer LC-Fregatte in geringer Entfernung folgen, damit die Fregatte Feuerbefehle für die Raketen geben und diese zum Ziel leiten kann. Durch die Bereitstellung solcher Magazin-Kapazitäten sollen die Fregatten in die Lage versetzt werden, auch groß angelegte Angriffe mit Anti-Schiffs-Raketen oder Drohnen abzuwehren.

Da dem Bericht zufolge, die derzeit in den LC-Fregatten genutzten SM-2-Flugabwehrraketen in der niederländischen Konfiguration Block IIIA in Zukunft nicht mehr gebaut werden, soll ein anderer Flugkörper als Ergänzung beschafft werden. Die niederländische Feuerleitkette nutzt ein X-Band-Radar, während bei der U.S. Navy das S-Band verwendet wird und auch die Flugkörper dafür vorgesehen sind. Die neue Version dieser Rakete, die SM-2 Block IIICU, ist laut Bericht nicht mit dem Feuerleitsystem der LC-Fregatten kompatibel. Der neue Flugkörper soll vergleichbare Fähigkeiten wie die derzeitige SM-2 haben und auch für das niederländische Radar- und Feuerleitsystem geeignet sein. Die im Bestand befindlichen SM-2 sollen weiterhin einen Teil der Standard-Bewaffnung der LC-Fregatten bleiben. Damit wird die niederländische Marine in Zukunft zwei Flugkörper für den Verbandsschutz verwenden.

Während die geeignete Version der europäischen Rakete Aster von MBDA France nicht aus einem Container abgefeuert werden könne, erfülle die israelische Stunner-Rakete von Rafael nicht die niederländischen Anforderungen, heißt es in dem Papier. Aus diesem Grund sei die Barak-ER von Israel Aerospace Industries (IAI), der einzige Flugkörper, der den gestellten Anforderungen entspreche. Der Hersteller gibt die Reichweite der Barak-ER mit 150 km bei einer maximalen Höhenabdeckung von 30 km an.

Als Langstrecken-Präzisionsmunition ( Loitering Munition) wurde das Harop-System von IAI ausgewählt. Es handele sich um das einzige auf dem Markt verfügbare Waffensystem, das ausreichend entwickelt sei und in Reichweite den niederländischen Anforderungen entspreche. Die Container mit dem Harop-System können laut Bericht möglicherweise auch auf dem Deck der neuen amphibischen Transportschiffe platziert werden. Hier stehe die Prüfung noch aus. Wie es heißt, soll IAI auch die Ausstattung für den elektronischen Kampf liefern.

Bei amphibischen Operationen, aber auch zur Sicherung von maritimen Nachschublinien, sei es notwendig, die Bedrohung vom Land gegen die Schiffe auszuschalten. Die neue Doktrin des Korps Mariniers geht nicht mehr von Landungen an einer begrenzten Anzahl von Orten in mehreren Wellen aus. Stattdessen werden die Marineinfanteristen gleichzeitig an mehreren, voneinander entfernten Orten landen. Für diese amphibischen Operationen will das Verteidigungsministerium neue amphibische Transportschiffe, die weiter von der Küste entfernt bleiben als die derzeitigen Landing Platform Docks (LPD). Die Transportschiffe werden unter anderem von Fregatten geschützt.

Zur Bekämpfung der Bedrohung vom Land benötigen die niederländischen Streitkräfte Präzisionswaffen, die Bodenziele aus großer Entfernung ausschalten können. Die zu beschaffenden Waffensysteme haben laut Bericht eine Reichweite von mehreren hundert Kilometern und können einige Zeit im Zielgebiet verbleiben (loitering), bevor sie eingesetzt werden. Der Bediener auf dem Schiff oder an Land kann über Kameras am Waffensystem das Ziel lokalisieren und das Waffensystem anschließend einsetzen.

Schutz der Infrastruktur in der Nordsee

Überdies sollen die neuen Schiffe eingesetzt werden, um die Infrastruktur in der Nordsee – darunter Windparks, Bohrinseln, Öl- und Gaspipelines sowie Strom- und Datenkabel – zu schützen. Dabei sollen sie den Planungen zufolge einen Beitrag zur Lageeinschätzung von Bedrohungsakteuren und -faktoren in der Nordsee liefern. Darüber hinaus werden sie Einheiten von Nicht-Partnernationen beim Durchfahren des niederländischen Teils der Nordsee bei Bedarf begleiten.

Zur Modernisierung der LC-Fregatten sollen zwei der vier Fregatten mit der neuen Flugabwehrrakete ESSM Block 2 für den mittleren Bereich ausgestattet werden. Die anderen beiden LC-Fregatten behalten die derzeitige ESSM Block 1. Alle vier Fregatten sollen laut Bericht in der Lage sein, die Barak-ER-Flugabwehrraketen leiten zu können. Zudem werden alle vier LC-Fregatten weiterhin über die SM-2-Rakete verfügen. Die zwei LC-Fregatten mit der ESSM Block 2 erhalten zusätzlich aktive Störgeräte für den elektronischen Kampf. Die beiden anderen Fregatten, die nur über passive Geräte verfügen, werden laut Bericht mit der Ausrüstung der Unterstützungsfahrzeuge dennoch über eine aktive Störkapazität verfügen.

Lars Hoffmann