Das deutsche Start-up Reflex Aerospace und das US-Unternehmen Umbra wollen in Zukunft gemeinsam Radaraufklärungssatelliten auf Basis der SAR-Technologie (Synthetic Aperture Radar) entwickeln und europäischen Kunden anbieten.
Die Unternehmen haben eine Vereinbarung getroffen, wonach Umbra seine leistungsstarken Radaraufklärungssysteme speziell für den Einsatz an Bord von Satelliten von Reflex Aerospace anpassen wird, schreibt das deutsche Start-up mit Niederlassungen in Berlin und München in einer Mitteilung. Reflex Aerospace modifiziere im Gegenzug seine Satellitenplattform für den optimierten Betrieb der Radarnutzlast, um sehr hohe Duty-Cycles und maximale Agilität zu ermöglichen. Als Duty-Cycle wird der prozentuale Anteil des Betriebs der Nutzlast am Gesamtbetrieb eines Satelliten bezeichnet.
Wegen der schnell wachsenden Nachfrage nach Radaraufklärungsdaten und akuten Lücken in europäischen Satellitenfähigkeiten soll der erste Satellit bereits im Jahr 2027 in den Orbit gebracht werden. Die beiden Partner planen, die Low-Earth-Orbit-Satelliten gemeinsam in Deutschland zu integrieren, und eine unabhängige, stabile und auf Europa ausgerichtete Lieferkette zu gewährleisten.
„Bislang waren die Möglichkeiten für europäische Kunden in Bezug auf Radaraufklärungssatelliten äußerst begrenzt. Mit dieser Partnerschaft schaffen wir eine neue Lösung bisher unerreichter Qualität“, wird Walter Ballheimer, CEO von Reflex Aerospace, in der Mitteilung zitiert. Wie er im Gespräch mit hartpunkt erläuterte, haben zahlreiche europäische Länder angekündigt, Satelliten-Aufklärungsfähigkeiten aufbauen zu wollen, etwa um die NATO-Ostflanke zu überwachen. Dies seien potenzielle Kunden für das Produkt.
Im Rahmen der Vereinbarung werden laut Mitteilung die Teams beider Partner zusammenarbeiten, um eine speziell auf die Anforderungen europäischer Kunden angepasste Lösung zu entwickeln. Dabei soll Umbras proprietäre SAR-Technologie genutzt werden, um die Radaraufklärungslösung zu entwickeln und das Know-how von Reflex Aerospace, um einen für die Radarnutzlast optimierten Satellitenbus zu bauen. Nach Aussage von Ballheimer unterliegen die vom US-Partner gelieferten Komponenten nicht der amerikanischen Exportkontrolle gemäß ITAR.
Laut David Langan, CEO von Umbra, benötigen einige Kunden Souveränität über ihre Fernerkundungsprodukte und -dienste. Es liege im nationalen Interesse und dem enger Verbündeter, diesen Bedarf durch den Einsatz erstklassiger Technologie zu decken, so Langan.
Die Satelliten sollen den Angaben zufolge speziellen Anforderungen sicherheitskritischer Missionen Rechnung tragen, wie beispielweise hohe Cybersicherheitsstandards und große Reserven aufweisen, um eine starke Manövrierfähigkeit und Mobilität zur Anpassung der Umlaufbahn zu ermöglichen. Optional sollen Sensoren zur Erkennung von sich nähernden Objekten sowie ein Laserterminal zur optischen Datenübertragung das Funktionsspektrum erweitern. Die Kombination von Umbras kostengünstigen Radarsystemen mit den Satellitenplattformen von Reflex Aerospace werde die Kosten für hochqualitative Radaraufklärungsdaten deutlich senken, heißt es in der Mitteilung.
Wie CEO Ballheimer erläuterte, werden alle Satelliten seines Unternehmens so ausgelegt, dass sie gegebenenfalls mit den gegenwärtig in Entwicklung befindlichen Microlaunchern von Europa aus in den Weltraum geschossen werden können.
Die 2021 gegründet Reflex Aerospace ist ein Hersteller von nutzlastspezifischen Satellitenplattformen für kommerzielle und Verteidigungsanwendungen mit Lieferzeiten von 12 Monaten für neue Designs. Laut Ballheimer kooperiert sein Unternehmen in einem Projekt des European Defence Fund mit der spanischen Marinewerft Navantia, um die Kommunikation zwischen Kriegsschiffen und Drohnen mittels Laser zu gewährleisten. Neben der Entwicklung von SAR-Satelliten arbeite Reflex Aerospace bereits an Fähigkeiten zur optischen und zur Signalaufklärung. Die Firma beschäftigt nach eigenen Angaben über 60 Mitarbeiter an den Standorten Berlin und München. Nach der initialen Finanzierung durch Venture Capital, arbeite Reflex Aerospace mittlerweile auf der Basis großer Kundenaufträge, so Ballheimer.
Bei Umbra handelt es sich laut Mitteilung um ein vertikal integriertes Raumfahrtunternehmen, das satellitenbasierte Radartechnologie und Aufklärungsdaten als Dienstleistung für kommerzielle und staatliche Kunden anbietet. Umbra wurde in den Vereinigten Staaten gegründet und wird aus den USA finanziert. Das Unternehmen hat Standorte in Santa Barbara und Arlington.
Lars Hoffmann