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Alle Schiffe der Marine erhalten LEO-Satellitentechnologie für private Betreuungskommunikation

Waldemar Geiger

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Die Schiffs- und Bootsbesatzungen der Deutschen Marine werden in Kürze im Rahmen der privaten Betreuungskommunikation selbst auf See über eine bessere Internetverbindung verfügen, als dies derzeit an zahlreichen Orten auf dem deutschen Festland – darunter auch zahlreichen Übungsplätze – möglich ist. Ein entsprechendes Kommunikationssystem auf Basis von Low-Earth-Orbit(LEO)-Satelliten wurde jüngst im Zuge des siebenmonatigen Indo-Pacific Deployments 2024 auf der Fregatte „Baden-Württemberg“ und dem Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“ erprobt und für tauglich befunden, wie aus einem am 4. Oktober auf der Webseite der Bundeswehr erschienen Beitrag der Marine hervorgeht. Eine flottenweite Nutzung der Technologie soll noch im Oktober dieses Jahres beginnen.

Die Nutzung der von kommerziellen Anbietern betriebenen LEO-Satellitentechnologie ermöglicht dem Beitrag zufolge einen wesentlich größeren Datendurchsatz als Satelliten in höheren Umlaufbahnen. „Nach ersten Leistungsmessungen sind bis zu 300 Megabit pro Sekunde und 130 Megabit im Durchschnitt möglich. Damit ist für die Marine ein entscheidender und in dieser Form bislang einmaliger Quantensprung bei der Bereitstellung der Betreuungsmedien auf Schiffen gelungen“, schreibt die Marine.

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Im Gegensatz zu geostationären Satelliten befinden sich LEO-Satelliten nicht über einem festen Punkt der Erde, sondern bewegen sich schnell in Höhen von 160 bis 2.000 Kilometern und umrunden die Erde in weniger als zwei Stunden. Aufgrund ihrer geringen Flughöhe ist ihre Abdeckungsreichweite eingeschränkt, weshalb deutlich mehr Satelliten benötigt werden als bei anderen Systemen. Anbieter solcher Kommunikationsdienste betreiben daher bis zu mehrere tausend dieser Satelliten. Bekanntester Anbieter dieser Technologie ist das US-Unternehmen SpaceX mit dem Produkt „Starlink“. Welchen Anbieter die Bundeswehr nutzt bzw. nutzen wird, geht aus dem Beitrag nicht hervor.

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Für die Integration der Technologie wurden der Bundeswehr zufolge Antennen an geeigneten Aufstellungsorten auf dem Brückendach installiert. Dies ermöglicht der Marine zufolge eine stabile Verbindung trotz der permanenten Schiffsbewegungen. Das Antennensignal wird mittels einer abgesicherten Internetverbindung zum Betreuungsserver unter Deck weitergeleitet, von wo eine Verbindung zu den Wohndecks und Gemeinschaftsräumen hergestellt wird. „Im Schiff sind an unkritischen Orten Router verbaut, über diese können sich alle Besatzungsmitglieder in einem WLAN anmelden und das Betreuungsnetz nutzen“, so die Marine. Dies ermöglicht es den Schiffsbesatzungen, praktisch jederzeit mit der Heimat mittels Internettelefonie zu kommunizieren.

„Die Datensicherheit ist mit Blick auf militärische Operationen berücksichtigt“, wird der Kommandant der „Frankfurt am Main“ Fregattenkapitän Hanno Weisensee im Rahmen des Beitrages zitiert. So ist das Betreuungsnetz technisch komplett von der militärischen Kommunikation getrennt. Zudem sollen strikte Vorschriften sicherstellen, dass die Besatzungsmitglieder im Rahmen der privaten Kommunikation keine sensiblen Informationen preisgeben, die die operative Sicherheit des Einsatzes gefährden. Ähnliche Vorschriften gelten beispielsweise auch für im Rahmen von Auslandseinsätzen eingesetzte Angehörige der Bundeswehr.

Bedeutung der privaten Betreuungskommunikation

Nach einer im Beitrag zitierten Aussage des Kommandanten der „Frankfurt am Main“ hilft die Möglichkeit des regelmäßigen Kontakts mit den Angehörigen den Soldatinnen und Soldaten, die lange Abwesenheit von zu Hause besser zu bewältigen.

Dies ist ein nicht zu unterschätzender Faktor bei der Personalgewinnung sowie der Weiterverpflichtung. Schließlich ist auch der Staatsbürger in Uniform mit den Vorzügen der modernen, vernetzten Welt vertraut, die er oder sie auch im Rahmen des Einsatzes – soweit es der Dienst zulässt – nicht missen möchte. Dass dies kein rein typisch deutsches Phänomen ist zeigt ein jüngst publik gewordener Fall der U.S. Navy.

Anfang September 2024 wurde bekannt, dass die US-Marine bereits vor einem Jahr eine weibliche Command Senior Chief – ein Unteroffizierdienstgrad, der dem deutschen Stabsfeldwebel bzw. Stabsbootsmann entspricht – vom Dienst auf der USS Manchester, einem Littoral Combat Ship der Independence-Klasse, entbunden und mit einer Geldstrafe in Höhe von 2.800 US-Dollar belegt hat, da sie heimlich eine Starlink-Satellitenverbindung auf dem in den Einsatz befindlichen Schiff installiert hatte, um sich sowie weiteren „Eingeweihten“ auch im Einsatz die Nutzung von sozialen Medien, das Abrufen von Nachrichten sowie das Streamen von Filmen zu ermöglichen.

Unabhängig von dem bekanntgewordenen Einzelfall versucht die Navy seit geraumer Zeit, die Betreuungskommunikation auf ihren Kriegsschiffen zu verbessern und so die Moral der Besatzungen zu heben. Dazu wird im Rahmen des Vorhabens „Sailor Edge Afloat and Ashore“ (SEA2) auch auf das Produktportfolio von Starlink zurückgegriffen. Eine flottenweite Nutzung der Technologie, auch für private Zwecke, ist aber offenbar noch nicht erfolgt.

Waldemar Geiger