Anzeige

Bundeswehr zieht Lehren aus dem Ukraine-Krieg: Wirkung in der Tiefe, Schutz kritischer Infrastruktur und unbemannte Systeme

Waldemar Geiger

Anzeige

Der Krieg in der Ukraine hat nach Aussage von Vizeadmiral Carsten Stawitzki, Abteilungsleiter Rüstung im BMVg, gezeigt, dass die Fähigkeiten zum Wirken in der Tiefe, zum Schutz der kritischen Infrastruktur sowie der Einsatz unbemannter Systeme in allen Dimensionen eine entscheidende Rolle im Krieg einnehmen. Diese würden auch bei der Rüstung der Bundeswehr prioritär betrachtet, erläuterte der nationale Rüstungsdirektor in der vergangenen Woche in einem Interview zum Auftakt des vom CPM-Verlag veranstalteten Anwenderforums RÜ.NET 2024 in Koblenz. Erste Schritte zur Umsetzung dieser Lessons Identified aus dem Ukraine-Krieg in konkrete Beschaffungsprojekte wurden seinen Worten zufolge bereits unternommen.

„Ich hoffe nicht, dass wir mit 155mm-Artilleriegeschossen das Deutsche Heer in einen Schützengrabenkrieg zwingen, den das Deutsche Heer keine 14 Tage oder drei Wochen überleben würde. Der Gegner muss vernichtet werden, lange bevor er uns überhaupt gefährlich werden kann“, begründete Stawitzki die hohe Bedeutung von „Long Range Indirect Fires“ und „Deep Precision Strike“- Fähigkeiten. Hinter den Begrifflichkeiten verbergen sich weitreichende Feuerunterstützungsfähigkeiten der Raketenartillerie sowie potenziell von Schiffen, Flugzeugen oder Landplattformen verschossene Flugkörper, die in der Tiefe des Raumes eines potenziellen Feindes zum Einsatz gebracht werden können. Deutschland hatte am Rande des diesjährigen NATO-Gipfels in Washington zusammen mit mehreren anderen europäischen Staaten eine Absichtserklärung zur gemeinsamen Entwicklung von Waffensystemen aus der Kategorie Deep Precision Strike unterschrieben. Im Rahmen des Elsa-Vorhabens (European Long-Range Strike Approach) sollen in den nächsten Jahren Systeme entwickelt werden, die eine kritische Fähigkeitslücke im Bereich der weitreichenden Abstandswaffen schließen.

Anzeige

Ein weiterer Fokus der Rüstung liegt Stawitzki zufolge im Ausbau der bodengebundenen Luftverteidigungssysteme vom Flakpanzer Skyranger, über Iris-T, Patriot bis hin zu Arrow 3 zum Schutz der kritischen Infrastruktur und der eigenen Gesellschaft. „Was in Saporischschja die Energieversorgung in der Ukraine ist, sind am Ende die Kraftwerke und die Energieversorgung bei uns im eigenen Land. Dazu gehört natürlich auch der Schutz unserer eigenen kritischen Infrastruktur“, so der Vizeadmiral. Die Bundeswehr hat in den vergangenen beiden Jahren einen bedeutendten Teil der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel für die Beschaffung von Luftverteidigungssystemen vorgesehen. So wurde die Entwicklung und Beschaffung von Flugabwehrkanonenpanzern des Typs Skyranger sowie eines Luftverteidigungssystems zum Nah- und Nächstbereichsschutz (NNbS) – bei dem das Flugabwehrsystem Iris-T SLM ein Bestandteil ist – bereitgestellt. Weiterhin wurde die Beschaffung des Raketenabwehrsystems Arrow 3 angeschoben sowie mehrere Milliarden Euro für den Ersatz abgegebener Patriot-Systeme samt der dafür notwendigen Munition ausgegeben.

Anzeige

Auch die Relevanz von unbemannten Systemen ist der Bundeswehr nicht verborgen geblieben. „Deswegen haben wir unter dem Generalinspekteur die Task Force Drohnen aufgesetzt“, so Vizeadmiral Stawitzki. „Unbemannten Systeme, und zwar nicht nur fliegend, sondern auch and Land und zur See, aber am Ende auch in allen Dimensionen von der Taschen-Drohne bis zur Euro-Drohne – die wir gerade entwickeln, werden in allen Ebenen ein entscheidender Faktor für die Kriegsführung von morgen sein“, erklärte der für Rüstung verantwortliche Abteilungsleiter im BMVg.

Waldemar Geiger