Deutschland, Lettland und Norwegen haben am 9. April 2025 eine Kooperation zur gemeinsamen Beschaffung unter deutscher Federführung von Panzerabwehrrichtminen des Typ DM 22 geschlossen, andere Nationen könnten folgen. Wie aus einem Beitrag auf der Bundeswehr-Webseite vom 10. April hervorgeht, wurde das Abkommen am Rande der 115. Sitzung der Conference of National Armaments Directors in Brüssel geschlossen.
„Das Abkommen zeigt, wie wir durch enge internationale Zusammenarbeit unsere Streitkräfte schneller und effizienter mit dringend benötigten Fähigkeiten ausstatten können. Gemeinsam mit unseren Partnern stärken wir so die europäische Verteidigung – und zwar konkret und zukunftsorientiert“, wird Vizeadmiral Carsten Stawitzki, Abteilungsleiter Rüstung im Verteidigungsministerium und zugleich Nationaler Rüstungsdirektor, in dem Beitrag anlässlich der Unterzeichnung zitiert. Bei den derzeit drei Vertragspartnern müsse es nicht bleiben: „Auch andere Nationen haben bereits ihr Interesse bekundet und sie könnten zu einem späteren Zeitpunkt dem Abkommen einfach beitreten.“
Wie es in dem Beitrag weiter heißt, können nun auch Partnernationen mittels eines speziellen Abkommens – dem „Corporate Procurement Agreement“ –auf Basis des bestehenden deutschen Rahmenvertrags eigenständig Panzerabwehrrichtminen beschaffen. Der Hersteller richtet nach Angaben der Bundeswehr derzeit eine neue Fertigungslinie ein. Die Auslieferung der Panzerabwehrrichtminen an die Bundeswehr und die beiden Verbündeten soll demnach 2027 beginnen.
Deutschland hatte nach Abgabe von Panzerabwehrrichtminen aus Beständen der Bundeswehr an die Ukraine mit dem Hersteller TDW Gesellschaft für verteidigungstechnische Wirksysteme, einer Tochterfirma der MBDA Deutschland GmbH, am 14. November 2023 einen Rahmenvertrag zur Beschaffung von bis zu 10.000 Panzerabwehrrichtminen des Typs DM 22 geschlossen. Davon wurden 2.600 Panzerabwehrrichtminen als Festbeauftragung sofort abgerufen. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hatte dafür Ende Oktober 2023 die entsprechende 25-Mio-Euro-Vorlage gebilligt und 67,8 Millionen Euro aus dem Einzelplan 60 freigegeben.
Wie es damals hieß, ist eine Neuqualifizierung der Panzerabwehrrichtmine DM 22 erforderlich, da für die Neuproduktion der Panzerabwehrrichtminen technische Änderungen eingebracht werden müssen. Dafür sollte ab 2025 eine Demonstrationscharge produziert werden.
Panzerabwehrrichtmine DM 22
Das Systemgewicht der Panzerabwehrrichtmine DM 22 beträgt etwa 10 kg, davon entfallen ca. 1,5 kg auf den Gefechtskopf. Das Wirkprinzip basiert auf einer Tandemhohlladung. Das Waffensystem ist in der Lage, auch mit Reaktivpanzerung versehene Kampfpanzer in einer Entfernung 40 bis 60 Metern zu bekämpfen.
Die Panzerabwehrrichtmine ist – wenn nicht ausgelöst – wiederverwendbar und kann innerhalb weniger Minuten aufgestellt und im Bedarfsfall wieder aufgenommen werden. Die Bedienung ist vergleichsweise einfach. Im Unterschied zu herkömmlichen Panzerabwehrverlegeminen kann das System gegen Panzer und gepanzerte Fahrzeuge wirken, ohne dass diese auf die Mine fahren müssen. Die Panzerabwehrrichtmine dafür wird gezielt an Schneisen und Wegen auf einem Dreibein aufgestellt und so ausgerichtet, dass vorbeifahrende Gefechtsfahrzeuge bekämpft werden können. Die Auslösung erfolgt über einen Lichtwellenleiter, der über den möglichen Annährungsweg gelegt wird. Wird dieser unterbrochen, zündet der ausgerichtete Gefechtskopf und bekämpft das ankommende Fahrzeug. Da der Anflug aus nächster Nähe und sehr bodennah erfolgt, wird dem System auch eine sehr hohe Wirksamkeit gegenüber Panzern mit abstandsaktiven Schutzsystemen zugesprochen.
Begründet durch dieses Wirkprinzip können selbst breite Straßen und Schneisen mit einzelnen Panzerabwehrrichtminen gesperrt werden, wo sonst vergleichsweise viele herkömmliche Minen benötigt würden. Darüber hinaus sind die Panzerabwehrrichtminen für den Gegner deutlich schwerer aufzuklären.
Im Sommer 2024 hat TDW mit der PARM NextGen zudem eine Ergänzung zu der klassischen DM 22 vorgestellt, hartpunkt berichtete. Die PARM NextGen bietet gegenüber der klassischen Panzerabwehrrichtmine unter anderem eine um 50 Prozent gesteigerte Wirkreichweite, zudem kann das System aus der Ferne geschärft und entschärft werden.
Waldemar Geiger