Der russische Rüstungsverbund Rostec arbeitet eigenen Angaben zufolge an gleich unterschiedlichen kinetischen Schutzlösungen zur Drohnenabwehr. Dies gab der Konzern jüngst über seine Kanäle in den sozialen Medien bekannt. Demnach arbeiten die Spezialisten des zum Verbund gehörenden Wyssokototschnyje Kompleksy Holding neben einem automatisierten System auch an einer modifizierten 30-mm-Maschinenkanone und vermutlich sogar tempierbarer 100-mm-Munition.
Bereits im April 2024 gab der Direktor des Clusters für konventionelle Waffen und Munition, Bekhan Ozdoew in einem Interview bekannt, dass Rostec an einer ganzen Palette fernzündbarer Munition für Rohrwaffen in unterschiedlichen Kalibern zur Drohnenabwehr arbeite. Ziel sei die Befähigung zahlreiche bereits eingeführter Gefechtsfahrzeuge und Waffensysteme zur Drohnenabwehr. Der Schwerpunkt der Entwicklung läge bei einer automatisierten Fernzündung von Maschinenkanonen-Munition, wo es in Kaliber 30 mm bereits vielversprechende Fortschritte gäbe. Beobachter schlossen aus dieser Aussage darauf, dass es sich um tempierbare Munition handelt, welche vor der Schussabgabe programmiert wird und damit weniger Präzise ist als solche, die erst Rohraustritt unter Berücksichtigung der eigenen Geschossgeschwindigkeit programmiert werden.
Die aktuelle Meldung könnte jedoch darauf hindeuten, dass mit der Entwicklung einer neuen 30mm-Kanone auch die letztgenannte, deutlich präzisere Verfahrensweise zur Anwendung kommen könnte. Der Rostec Mitteilung zufolge soll die Maschinenkanone zuerst in einen modifizierten Bakhcha-U-Turm des Schützenpanzers BMD-4M integriert werden. Vermutlich ist die Adaption auch für die BMP-3-Serie ohne größere Herausforderung möglich. Der Meldung zufolge soll so die Bekämpfung von Drohnen mit der Maschinenkanone auf mittlere Entfernung möglich sein, ohne dass die Distanz genauer definiert worden sei.
Zudem kündigte das Unternehmen auch die Weiterentwicklung der 100-mm-Munition für die 2A70-Niederdruckkanone an, welche sowohl im BMP-3 als auch BMD-4 koaxial zur 30-mm-Kanone eingerüstet ist. Diese soll ebenfalls tempierbar für eine Detonation in der Luft befähigt werden. Es ist jedoch zu vermuten, dass diese Entwicklung für die Bekämpfung von Weichzielen am Boden hinter Deckungen und nicht zur Drohnenabwehr gedacht ist. Dafür sprechen sowohl die vergleichsweise geringe Kadenz als auch die geringe Geschossgeschwindigkeit, die für die Bekämpfung agiler Ziele weniger geeignet erscheinen.
Als weitere Entwicklung wird von Rostec eine automatisches, kinetisch wirkende Drohnenabwehrsystem für den BMD-4M angekündigt. Hierzu sollen die Fahrzeuge mit einem Radar mit Rundumsicht ausgestattet werden. Das hierdurch generierte Lagebild mit den detektieren Kontakten soll automatisiert ausgewertet und die Feuereröffnung im Falle einer Gefährdung durch die Anlage selbständig durchgeführt werden. Auch hier soll laut der Mitteilung eine tempierbare Munition zum Einsatz kommen und die Detonation zu einem vorher festgelegten und idealen Zeitpunkt stattfinden. Ob die zur Integration vorgesehene Radarsensorik auch dazu geeignet ist, auch die Zieldetektion und -verfolgung für die 30-mm-Kanone auf mittlere Entfernung durchzuführen, wurde im Beitrag nicht erwähnt.
Kristóf Nagy