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Frankreich will Tarnkappen-Kampfdrohne entwickeln

Lars Hoffmann

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Der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu hat gestern den Start der Entwicklung eines unbemannten Kampfflugzeugs (Unmanned Combat Air Vehicle, UCAV) angekündigt, das das Kampfflugzeug Rafale in der Konfiguration F5, deren Entwicklung ebenfalls gestern angekündigt wurde, nach 2030 ergänzen soll. Die neue Stealth-Drohne solle aus dem Cockpit der Rafale F5 geführt werden, so Lecornu.

Die Ankündigung erfolgte im Rahmen einer Zeremonie zum 60-jährigen Bestehen der französischen strategischen Luftstreitkräfte (FAS) auf dem Luftwaffenstützpunkt Saint-Dizier in Anwesenheit von General Jérôme Bellanger, Stabschef der französischen Luft- und Raumfahrttruppen (AAE), und Éric Trappier, Vorstandsvorsitzender und CEO von Dassault Aviation. Wie aus einer Mitteilung des französischen Verteidigungsministeriums auf der Plattform X hervorgeht, soll die Rafale F5 auch Träger des zukünftigen nuklear bestückten Flugkörpers ASN4G werden.

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Nach Aussage von Trappier wird die neue Tarnkappen-Kampfdrohne bereits 2033 zur technologischen und operativen Überlegenheit der französischen Luftwaffe beitragen. „Es ist bezeichnend, dass das Projekt heute, zum 60. Jahrestag der Strategischen Luftstreitkräfte und zum 90. Jahrestag der Luft- und Raumfahrtstreitkräfte, auf den Weg gebracht wird“, wird Trappier in einer Mitteilung auf der Seite seines Unternehmens zitiert. „Dassault Aviation und seine Partner sind stolz darauf, den französischen Streitkräften und der französischen Beschaffungsbehörde (DGA) zu dienen. Ihr erneutes Vertrauen ehrt und verpflichtet uns“, so Trappier.

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Das neue UCAV werde die Rafale ergänzen und für den gemeinsamen Kampf geeignet sein, so Dassault. Es werde Tarnkappentechnologien, autonome Steuerung (mit Man-in-the-Loop), eine interne Nutzlastkapazität und vieles mehr beinhalten. Außerdem soll sich die Tarnkappen-Kampfdrohne entsprechend den künftigen Bedrohungen weiterentwickeln können.

Den Angaben des Unternehmens zufolge wird das Vorhaben von den Ergebnissen des nEUROn-Programms profitieren, Europas erstem Stealth-UCAV-Demonstrator. Das 2003 initiierte nEUROn-Programm brachte den Angaben zufolge die Ressourcen von sechs europäischen Ländern unter der Projektleitung von Dassault Aviation zusammen. nEUROn absolvierte laut Dassault seinen Jungfernflug im Dezember 2012. Bis heute seien mehr als 170 Testflüge durchgeführt worden.

Die Rafale F5 in Kombination mit dem UCAV und ihren Weiterentwicklungen, wie seinerzeit die Mirage IV, werden den Angaben von Dassault zufolge Frankreichs Unabhängigkeit und Fähigkeitsüberlegenheit in den kommenden Jahrzehnten sichern.

Gespräche in Deutschland zu Wingman in Deutschland

Während die französische Regierung bei der Entwicklung einer eigenen Kampfdrohne Fakten schafft, gibt es diesseits des Rheins bislang nur einen Vorschlag der Industrie für ein solches unbemanntes Kampfflugzeug.

So hat der Rüstungskonzern Airbus Defence and Space (ADS) im Juni im Rahmen Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin erstmals sein Konzept eines unbemannten Kampfflugzeugs mit dem Namen „Wingman“ vorgestellt. Der Name bezieht sich offenbar auf die Verbindung mit einem bemannten Kampfflieger, von dem aus der Wingman geführt werden soll. Auch die Leistungsdaten des Konzepts erinnern eher an klassische Kampfflugzeuge als an langsam fliegenden Drohnen, die oftmals einen Propellerantrieb aufweisen.

 

Bild: Airbus

Airbus ordnet den Wingman in die 10-Tonnen-Klasse ein, mit einer Spannweite von 12 Metern und einer Länge von 15,5 Metern. Ob das unbemannte Flugzeug auch im Überschallbereich fliegen kann, war im Sommer noch nicht abschließend geklärt. Nach Aussage von ADS-CEO Michael Schöllhorn ist dies „prinzipiell möglich“, auch eine Auslegung für den hohen Unterschallbereich sei denkbar. Zum Programmstand teilte ein Airbus-Sprecher auf Nachfrage mit: „Der Wingman befindet sich aktuell in einer von Airbus eigens finanzierten Konzeptstudienphase. Das Unternehmen führt Gespräche mit Deutschland und Spanien über einen möglichen Start des Wingman als Programm, einschließlich Budget und Zeitplan. Das Konstruktions- und Entwicklungsprogramm müsste Anfang 2027 anlaufen, um eine Indienststellung Anfang der 2030er Jahre zu gewährleisten.“

Da das deutsche Konzept vorsieht, den Wingman im engen Verbund mit einem Kampfflugzeug einzusetzen, ist schon seit längerem geplant, den Eurofighter auf einen modernen Stand mit der Bezeichnung Long Term Evolution (LTE) zu bringen, der dies ermöglicht. „Bei LTE befinden wir uns derzeit in der Angebotsphase. Wir sind zuversichtlich, die entsprechenden Entwicklungsverträge zeitgerecht abzuschließen, um sicherzustellen, dass sich der Eurofighter künftig auch als Führungsflugzeug für unbemannte Flugsysteme einsetzen lässt. Damit wird sich das ohnehin schon breite Einsatzspektrum des Eurofighter um diese wichtige Fähigkeit erweitern“, so der Airbus-Sprecher weiter.

Dem Konzern zufolge sind in das Konzept unter anderem die von Airbus gemachten Erfahrungen bei Vorhaben wie Barracuda, dem Low Observable UAV Testbed (LOUT), den eigenen Forschungen zu Stealth sowie das über Jahrzehnte erworbene Know-how im Design eingeflossen.

Das in Berlin vorgestellte Konzept zeigte die vorgesehenen Fähigkeiten, darunter Stealth, die Integration verschiedener Waffen, moderne Sensoren, Konnektivität und Teaming-Lösungen. Der Wingman soll in der Lage sein, aufzuklären, Ziele zu stören und diese gegebenenfalls am Boden und in der Luft mit Präzisionsmunition zu bekämpfen. Dabei soll das unbemannte Flugzeug nach Vorstellung von Airbus Missionen übernehmen, die für bemannte Flugzeuge zu riskant wären. Auch ein Einsatz als Escort Jammer im Rahmen der elektronischen Kampfführung wird offenbar erwogen. Das Mitführen der Bewaffnung soll sowohl mittels externer Aufhängepunkte als auch eines internen Waffenschachtes möglich sein.

Werden die von Airbus genannten Zeitlinien eingehalten, könnte der Wingman noch vor dem Future Combat Air System (FCAS), das gegenwärtig von Frankreich, Deutschland und Spanien entwickelt wird, und im Jahr 2040 einsatzbereit sein soll, in Dienst gestellt werden.

Gegenwärtig ist der Wingman nicht im FCAS abgebildet. Dort gibt es lediglich einen New Generation Fighter (NGF) und einen Remote Carrier der Klasse 2, die gemeinsam das New Generation Weapon System (NGWS) bilden sollen. Laut Airbus handelt es sich beim Remote Carrier um ein Luftfahrzeug in der Größenklasse von etwa fünf bis sechs Tonnen, das wiederverwendbar sein soll. Der Wingman liegt eine Leistungsklasse darüber. Während beim FCAS-NGF der französische Konzern Dassault im Lead ist, hat Airbus die Führung beim Remote Carrier des NGWS.

Lars Hoffmann