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Für das Eurofighter-Programm stehen wichtige Bestellungen bevor

Lars Hoffmann

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Während die Hersteller der amerikanischen F-35 sowie der französischen Rafale in den vergangenen Jahren zahlreiche Bestellungen für ihre Flugzeuge in die Auftragsbücher nehmen konnten, sah es beim europäischen Gemeinschaftsprodukt Eurofighter/Typhoon lange Zeit nicht allzu rosig aus. Das dürfte sich in den kommenden Monaten jedoch ändern. Denn die Eurofighter-Kernstaaten Deutschland, Spanien und Italien werden voraussichtlich in Kürze die Beschaffung neuer Jets anstoßen. Darüber hinaus haben die Türkei und Saudi-Arabien Interesse an dem Kauf der europäischen Kampfflugzeuge signalisiert.

Deutschland

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte bereits während der Luftfahrtausstellung ILA im Sommer in Berlin angekündigt, dass die Bundeswehr 20 weitere Eurofighter erhalten wird. Wie aus gut informierten Kreisen zu vernehmen ist, arbeitet Hersteller Airbus Defence and Space bereits an einem Angebot. Da nur die sogenannten 25-Mio-Vorlagen in den kommenden Jahren umgesetzt werden können, die bis Sommer 2025 dem Parlament zugeleitet und gebilligt werden, gehen Beobachter davon aus, dass bis Jahresende ein möglichst fertiges Angebot vorliegen muss. Um etwas Luft bis zur Sommerpause des Bundestages zu haben, wird offenbar eine parlamentarische Beschaffung im April anvisiert.

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Zum Stand der Gespräche wollte sich ein Airbus-Sprecher nicht äußern, teilte aber auf Nachfrage mit: „Wir sehen der offiziellen Beauftragung entgegen und werden sicherstellen, dass diese zusätzlichen Flugzeuge mit dem neuesten Stand der Technik ausgeliefert werden. Es kann dabei durchaus im Rahmen des Möglichen sein, dass dies Komponenten aus LTE enthält. Dies setzt allerdings voraus, dass Deutschland so bald wie möglich LTE unter Vertrag nimmt.“

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Das Kürzel LTE steht für „Long Term Evolution“ und beschreibt einen Entwicklungsschritt mit neuen Fähigkeiten des Flugzeugs. So soll der LTE-Eurofighter in die Lage versetzt werden, auch unbemannte Flugzeuge wie die auf der ILA von Airbus vorgestellte Kampfdrohne Loyal Wingman zu führen. Anfang des Monats hatte Airbus auf Nachfrage mitgeteilt, dass man sich bei LTE in der Angebotsphase befinde. Insider halten einen LTE-Vertrag bis Jahresende für denkbar.

Die Beauftragung von 20 Eurofightern erfolgt auch, um deutsche Produktionskapazitäten auszulasten, bis das französisch-deutsch-spanische Future Combat Airs System (FCAS) ins Laufen kommt. Fraglich ist allerdings, ob hier die Zeitpläne gehalten werden. Denn Beobachter halten es für möglich, dass die Beauftragung der FCAS-Demonstratorphase 2 erst nach der Bundestagswahl und Bildung der neuen Regierung erfolgen wird und nicht davor. Das schiebt den Zeitplan weiter nach hinten. Ob die Auslieferung von 20 Maschinen ab den 30er Jahren ausreicht, um die Kapazitäten bis zum FCAS aufrechtzuerhalten, wird auch ohne diese Verzögerung in Fachkreisen bezweifelt.

Profitieren werden von einer Bestellung für die Bundeswehr auch deutsche Zulieferer, die damit auch ihre Anlagen und Personal auslasten. So werden nach aller Voraussicht die noch in Entwicklung befindlichen Radare des Typs Mk 1 von Hensoldt und Indra in den Flugzeugen verbaut.

Spanien

Nachdem Spanien vor über einem Jahr eine weitere Tranche von 20 Eurofightern im Rahmen des Projektes Halcon I für die Stationierung auf den Kanarischen Inseln bestellt hatte, will das Land im Rahmen von Halcon II weitere Maschinen bestellen. Dabei sind die Gespräche offenbar bereits weit fortgeschritten. „Wir befinden uns in den finalen Verhandlungen mit NETMA und dem spanischen Verteidigungsministerium, um den Vertrag (genannt „Halcon II) für 25 Eurofighter in diesem Jahr zu unterzeichnen“, teilte der Airbus-Sprecher dazu mit. Wichtige Komponenten für diese Flieger, die voraussichtlich in Spanien endmontiert werden, kommen aus Deutschland.

Italien

Bereits im Sommer hatten italienische Medien darüber berichtet, dass Italiens Luftwaffe weitere 24 Eurofighter ordern will, um damit veraltete Tornados sowie Eurofighter der ersten Tranche zu ersetzen. Wie es damals hieß, sollte noch im laufenden Jahr der Vertrag unterzeichnet werden. Gut informierten Kreise halten diesen Zeitplan weiterhin für realistisch.

Italien verspricht sich von der Bestellung neben der Modernisierung der Luftstreitkräfte überdies die Sicherung von Arbeitsplätzen und Know-how. Sollte die Regierung in Rom tatsächlich eine Bestellung auslösen, wogegen gegenwärtig wenig spricht, würden die drei Kern-Eurofighter-Staaten Deutschland, Spanien und Italien fast 70 Flugzeuge ordern.

Türkei

Nachdem die Türkei aus dem F-35-Programm ausgestiegen ist, bemüht sich das Land bis zu 40 Eurofighter zu beschaffen. Ein Hindernis dabei ist die jedoch deutsche Position zu Waffenlieferungen an den Bosporus. Bisher hat Berlin als einer der vier Partner im Eurofighter-Konsortium kein grünes Licht für den Export gegeben. Allerdings hat sich die bilaterale Großwetterlage mittlerweile etwas aufgeklärt. So hat der Bundessicherheitsrat vor Kurzem die Lieferung von Rüstungsgütern an die Türkei genehmigt, wie der Spiegel berichtete. Für mehr als 250 Millionen Euro können demnach RAM-Boden-Luft-Raketen, Torpedos und Schiffskomponenten geliefert werden.

Am vergangenen Wochenende war Bundeskanzler Scholz zu Konsultationen in die Türkei gereist. Medienberichten zufolge sagte Scholz nach seinem Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, dass deutsche Rüstungsexporte an den NATO-Partner Türkei „selbstverständlich“ seien. Auf die Frage, ob Deutschland dafür sei, der Türkei auch Eurofighter zu liefern, sagte der Kanzler nur, dass es manche Projekte gebe, „die erst am Anfang stehen“. Beim Eurofighter treibe die britische Regierung die Verhandlungen voran, die nun begonnen hätten. In türkischen Medien wird darüber spekuliert, dass Deutschland von der Türkei eine Zusicherung fordern soll, die Flugzeuge nicht über der Ägäis einzusetzen.

Betreut wird der türkische Markt für Eurofighter von BAE Systems aus Großbritannien. Man unterstütze die britische Regierung bei ihren Gesprächen mit der Türkei über die gemeinsamen Verteidigungs- und Sicherheitsprioritäten, einschließlich des erklärten Interesses der Türkei am Kampfflugzeug Typhoon, teilte dazu eine BAE-Sprecher mit. Deutschland hat den Briten offenbar bereits gestattet, bestimmte Eurofighter-Daten an die Türkei zu übermitteln.

In türkischen Medien war vor Kurzem darüber spekuliert worden, dass das Land in einem ersten Schritt womöglich auch gebrauchte Eurofighter aus einem Land des Mittleren Ostens beziehen könnte. Enge Beziehungen unterhält Ankara mit Katar. Offenbar haben beide Länder bereits eine gemeinsame Luftwaffenstaffel aufgestellt, die in der katarischen Dukham Air Base stationiert ist, wie aus Presseberichten hervorgeht. Neben der gemeinsamen Kooperation dürfte es bei der Staffel auch um die Ausbildung der im Aufwuchs befindlichen katarischen Luftstreitkräfte gehen.

Katar ist bereits ein Nutzer des Eurofighters. Die Lieferungen von 24 Maschinen sind jedoch noch nicht abgeschlossen. Beobachter wollen nicht ausschließen, dass bei einer Genehmigung der Lieferung durch Deutschland kurzfristig auch Maschinen, die für Katar vorgesehen sind, an die Türkei umgeleitet werden könnten. Katars Luftwaffe fliegt neben dem Eurofighter auch die amerikanische F-15 und die französische Rafale.

Saudi-Arabien

Bereits seit längerem blockiert Deutschland die Lieferung von Eurofightern nach Saudi-Arabien, was immer wieder zu Verstimmungen zwischen London und Berlin geführt hat. Denn auch bei diesem Exportgeschäft ist BAE Systems für die Eurofighter-Vermarktung zuständig und unterstützt die britische Regierung bei den Gesprächen. Im Januar sah es so aus, als ob Deutschland seine Position abgeschwächt hätte, nachdem Riad mit seinen Eurofightern Anfang 2024 zur Abwehr von Luftangriffen der Huthis auf Israel beigetragen hatte. Außenministerin Annalena Baerbock signalisierte zumindest, dass Berlin sein Veto zum Export überdenken würde. Seitdem war wenig in der Causa zu hören.

Während es zunächst danach aussah, dass Riad direkt das europäische Kampfflugzeug beschaffen würde, hat das Land wohl nicht zuletzt aufgrund der Verzögerungen aufgrund des deutschen Vetos einen Wettbewerb gestartet. So hat auch der französische Luftfahrtkonzern Dassault die Lieferung von 54 Rafale-Maschinen angeboten. Womöglich könnte die Verzögerung der Eurofighter-Lieferung auch damit zusammenhängen, dass Riad dem von Großbritannien, Italien und Japan vorangetriebenen Global Combat Aircraft Program (GCAP) beitreten möchte, bislang – wohl auf Betreiben Japans – jedoch nicht akzeptiert wurde.

Lars Hoffmann