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Kommt die Naval Strike Missile für Landanwendungen?

Lars Hoffmann

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Die ursprünglich als Seezielflugkörper entwickelte Naval Strike Missile (NSM) des norwegischen Konzerns Kongsberg wird in modifizierter Version auch als Luft-Boden-Waffe mit der Bezeichnung Joint Strike Missile (JSM) etwa mit der F-35 eingesetzt. Überdies kann die NSM von einer Lkw-Plattform aus für die Bekämpfung von Seezielen genutzt werden. Demnächst könnte womöglich noch eine weitere Anwendung hinzukommen: als Boden-Boden-Flugkörper. Wie es aus gut informierten Kreisen heißt, gibt es Überlegungen, die NSM in das Waffensystem PULS zu integrieren, von dem noch 2024 zunächst fünf Systeme für die Bundeswehr beschafft werden sollen. Erste Sondierungsgespräche über die Machbarkeit einer Integration in PULS zwischen NSM-Hersteller Kongsberg und KNDS Deutschland sollen dem Vernehmen nach bereits erfolgt sein. Das Thema dürfte auch beim Besuch des norwegischen Kronprinzen Haakon und des Verteidigungsministers Bjørn Arild Gram bei KNDS Deutschland im November vergangenen Jahres Thema gewesen sein (siehe Foto der Besucher mit Mockup eines PULS-Werfers mit NSM in Hintergrund).

PULS steht für Multi-Purpose Universal Launching System und wurde vom israelischen Rüstungsunternehmen Elbit Systems designt, um aus einem Werfer Boden-Boden-Raketen verschiedener Leistungsklassen zu verschießen. Zusammen mit KNDS Deutschland hat Elbit das System weiterentwickelt und Ende 2022 das sogenannte Euro-PULS als potenziellen Nachfolger für das in der Bundeswehr eingeführte MARS-System vorgestellt. Die Niederlande haben das PULS-System bereits bestellt, Dänemark ebenso. Die Bundeswehr hat offenbar auch großes Interesse.

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Wie aus einem Statement der norwegischen Regierung anlässlich des im vergangenen Monat vom Verteidigungsministerium veröffentlichten „Long-term Defence Plan“ für Norwegen hervorgeht, plant das Land die Investition in „Long Range Precision Fires“, wobei es sich um Raketenartillerie handeln dürfte.

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Neben der Beschaffung von Systemen wie HIMARS oder M270 MLRS von Lockheed Martin würde sich für die norwegischen Streitkräfte womöglich auch der deutsche PULS-Ansatz mit einer für die Land- und Seezielbekämpfung vorgesehenen Naval Strike Missile anbieten. Die NSM dürfte ähnlich der beim HIMARS verwendeten Munition ATACMS über Reichweiten von mehreren Hundert Kilometern verfolgen. Im Gegensatz zu ATACMS handelt es sich jedoch um einen Marschflugkörper mit luftatmendem Triebwerk und nicht um eine ballistische Kurzstreckenrakete. Das Konzept, das dahinter steht ist also ein anderes. Die NSM ist überdies auf Stealth optimiert und verfügt in der Ursprungsversion deshalb über eine passiven Infrarot-Suchkopf.

Für den Kongsberg-Konzern, der vom norwegischen Staat dominiert wird, würde eine Integration der NSM in PULS neben der potenziellen Nutzung durch die eigenen Streitkräfte auch erhebliches Exportpotenzial mit sich bringen. Sollte sich die Bundeswehr zur querschnittlichen Einführung von PULS mit der NSM entschließen, würden damit nicht nur die Optionen zur Bekämpfung des Gegners erweitert. Damit einher gingen auch rüstungswirtschaftliche Vorteile. Denn sollte Norwegen, wie angekündigt, mindestens ein weiteres U-Boot in Deutschland bestellen und auch bei der Beschaffung von Fregatten mit der Deutschen Marine zusammenarbeiten, ergeben sie große Offset-Forderungen an das liefernde Land. Die Beschaffung einer großen Anzahl von NSM für die Raketenartillerie der Bundeswehr würde hier sicherlich einen Beitrag zur Erfüllung der Offset-Pflichten leisten. Perspektivisch würde sich auch die Integration des zukünftigen norwegisch-deutschen Marschflugkörpers mit großer Reichweite, 3SM Tyrfing, in PULS anbieten, der von Kongsberg, Diehl Defence und MBDA Deutschland entwickelt werden soll. Denn die Waffe wird dem Vernehmen nach mehr sein als ein weiterentwickelter NSM-Seezielflugkörper und auch gegen Hochwertziele an Land einsetzbar sein.

Lars Hoffmann