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Landstreitkräfte – moderne und leistungsfähige taktische Luftaufklärung für den Preis einer Panzerkompanie

Waldemar Geiger

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Bis vor wenigen Jahren konnten sich sicherlich die wenigsten Beobachter der Bundeswehrrüstung vorstellen, dass ein bis dahin quasi unbekanntes Unternehmen den Wettbewerb um ein wichtiges Beschaffungsvorhaben deutscher Spezialkräfte gegen ein etabliertes Markumfeld gewinnen könnte. Und doch hat es das in Bayern ansässige Unternehmen Quantum Systems (QS) – vor wenigen Jahren durch ehemalige Bundeswehroffiziere gegründet – im Herbst 2023 geschafft, das Vorhaben „ferngeführtes Aufklärungssystem, luftgestützt, kurze Entfernung“ (FALKE) für sich zu entscheiden und damit die zukünftige Aufklärungsdrohne des Kommandos Spezialkräfte liefern zu dürfen. Zudem ist es dem Unternehmen gelungen, auch US-Spezialkräfte sowie die ukrainischen Streitkräfte von den Vorzügen der senkrecht startenden und landenden Aufklärungsdrohne Vector zu überzeugen.

So ist das Unternehmen kurz nach der russischen Invasion in der Ukraine von der Bundesrepublik Deutschland beauftragt worden, genau diese Aufklärungsdrohnen an die Ukraine zu liefern. Mittlerweile wurden nach Angaben der Bundesregierung 212 Vector-Drohnen an die Ukraine übergeben, 263 weitere sollen folgen. Über 800 weitere im Jahr 2025. Erstaunliche Zahlen, wenn man bedenkt, dass die Bundeswehr nur 14 solcher Systeme für die eigenen Spezialkräfte vorsieht. Quantum System hat aus den rund zwei Jahren Flugbetrieb in der Ukraine eigenen Angeben zufolge viele wichtige Erkenntnisse gezogen und die Leistungsfähigkeit der Vector verbessert. Jüngst hat das Unternehmen zudem neue Systeme vorgestellt, mit denen man die Aufklärungsfähigkeit der Bundeswehr im Bereich der Long Range Reconnaissance und Short Range für Zug-Ebene ergänzen und auf den neusten Stand der Technik bringen möchte, wie Sven Kruck, Chief Revenue Officer und Behördenvertriebschef von Quantum Systems, in einem Gespräch mit hartpunkt erklärt hat.

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Während die Vector die Aufklärungsfähigkeit der Bundeswehr im mittleren Entfernungsband verbessern soll, zielt die 2023 erstmals vorgestellte Twister auf die kurze und die erst vor wenigen Tagen vorgestellte Reliant auf die weite Strecke. Mit der Twister sieht man sich in Bayern in einer guten Ausgangsposition für die Nachfolge der Aufklärungsdrohne ALADIN, während die Reliant die LUNA ersetzen könnte.

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Kruck sieht die besonderen Vorzüge seiner Drohnen in dem „Family of Systems“-Ansatz, wonach die Systeme eine hohe Hardware- und Software-Kommunalität aufweisen. So nutzen alle Systeme die gleiche Batterie- und Ladetechnologie. Auch die Softwaresteuerung, der Datenlink (Hard- und Software) sowie der Autopilot sind gleich. Dies geht sogar so weit, dass man mit ein und derselben Steuerungseinheit alle unterschiedlichen QS-Drohnenmodelle – bei Bedarf auch durch denselben Nutzer gleichzeitig – steuern kann. Erkenntnisse und Verbesserungen aus einem System können dadurch sofort in die ganze Flotte überführt werden und jeder Nutzer davon profitieren. Trainingszeiten und -bedarf werden deutlich reduziert, die neue Technik somit schneller einsatzbar.

Da sich die Technologie stetig weiterentwickelt, steigt die Leistungsfähigkeit der Aufklärungsdrohnen gleich mit. Am besten sieht man dies am Beispiel der Batterietechnologie oder der Aufklärungssoftware. Was für das Smartphone gilt, gilt auch für die elektrisch angetriebenen Drohnen. Eine höhere Speicherkapazität in den Batterien führt automatisch zu längeren Flugzeiten. Erkenntnisse aus dem Aufklärungsflugbetrieb führen zudem zu Anpassungen an der Software, die so mit der Zeit immer bessere Ergebnisse teilweise sogar unter immer widrigeren Bedingungen liefern kann. Die QS-Drohnen sind Kruck zufolge so konzipiert, dass Erkenntnisse schnell umgesetzt und missionsentscheidende Anpassungen über die ganze Flotte ausgespielt werden können.

Sven Kruck (im Bild) und sein Team haben auf Basis der Erkenntnisse aus der Ukraine ermittelt, dass allein der Bedarf der deutschen Landstreitkräfte im Grundbetrieb bei rund 2.500 QS-Aufklärungsdrohnen – Twister für Zug- bzw. Kompanieebene, Vector für Kompanie- und Bataillonsebene und Reliant für Brigade- bzw. Divisionsebene – liegen müsste. (Bild: Quantum Systems)

Wie wichtig dies ist, wird einem am Beispiel des Vector-Einsatzes in der Ukraine deutlich. Krucks Schätzung zufolge besteht die Systemgleichheit einer vor rund zwei Jahren an die Ukraine gelieferten Vector-Drohne mit der aktuellen Drohne bei rund 50 Prozent. Seinen Ausführungen zufolge muss Soft- und Hardware stetig angepasst werden, um den Einsatz der Drohnen trotz der Abwehrbemühungen der russischen Streitkräfte aufrechterhalten zu können. Beispiele dafür sind die Integration eines Counter-GPS-Jamming-Moduls, die Einführung einer Tracking-Antenne zur gerichteten Steuerung der Drohne sowie zahlreiche Softwareupdates an unterschiedlichen Systembaugruppen. „Für die Verteidigung des Signals sind sowohl Software- als auch Hardware-Anpassungen notwendig“, so Kruck. „Wir entwickeln unsere Drohnen jede Minute weiter.“

Überhaupt sieht der QS-Vertriebschef eine hohe Relevanz für ein enges Zusammenspiel zwischen Hard- und Software, insbesondere für die Sicherstellung einer hohen Aufklärungsfähigkeit. Die Hardware – egal ob das Luftfahrzeug, die Sensorik, das Kommunikationssystem oder die Rechenpower – bildet die Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Softwarearbeit, welche wiederum den erfolgreichen Betrieb der Hardware sicherstellt.

 TwisterVectorReliant
max. Startgewicht2,8 – 3,5 kg8,5 kg25 – 33 kg
Größe (L/H/B)1,25 m Spannweite2,8 m Spannweite3,9 m Spannweite
Aufklärungstiefe15 km35 – 50 km160 km
Flugdauer90 min3 h12 h+
SensorikNighthawk2-UZ (40x Zoom, 20x +2x digital)Raptor (8x IR, EO 40x Zoom + 2x digital + Laser option)primär: Trillium HD55-MVS-LD (Laser + Camera)

sekundär: NextVision Raptor (EO + IR)
Besonderheiten– eVTOL
– tragbar in einem Rucksack
– GNSS Denied Operations
– eVTOL
– tragbar in einem Rucksack
– GNSS Denied Operations
– VTOL
– tragbar in zwei Rucksäcken
– GNSS Denied Operations

Klingt kompliziert, ist es aber nicht, wenn man bedenkt, dass selbst kleine Aufklärungsdrohen wie die Vector (das Abfluggewicht liegt bei 8,5 kg) heute im Grunde fliegende Computer mit sehr leistungsfähigen Elektrooptiken sind. Krucks Ausführung zufolge ist die im Vector verbaute Rechenpower so leistungsfähig, dass diese das gewonnene Aufklärungsbild in Echtzeit auf Änderungen – im Vergleich zu einem definierten Zeitpunkt – abtasten und an den Nutzer weitergeben kann. Weitere Entlastung bietet ein Autopilot, der die Drohne nicht nur automatisiert starten und landen lassen, sondern auch ganze Aufklärungsmissionen ohne Steuerung ausführen kann. In Kürze soll das System zudem in der Lage sein, komplett ohne GPS-Verbindung punktgenau fliegen zu können. Die als „visual navigation“ bezeichnete Fähigkeit ermöglicht eine Navigation über einen Abgleich zwischen aufgespieltem Kartenbild und dem von der Drohne aufgeklärten Echtzeitbild. Alle diese Anwendungen sind softwaregetrieben, laufen aber nur auf einer ausreichend leistungsfähigen Hardware.

Führt man sich vor Augen, dass QS-Drohnen nicht nur in der Ukraine eingesetzt werden, sondern praktisch weltweit – für kommerzielle Nutzungen sowie durch Behörden mit Sicherheitsauftrag und Streitkräfte – kann man sich vorstellen, wie schnell und wie viele Erkenntnisse das Unternehmen in kurzer Zeit sammeln kann. Kruck zufolge hat das Unternehmen mittlerweile eine vierstellige Anzahl an Systemen ausgeliefert, Tendenz steigend. Allein in diesem Jahr will man 800 Vector-Drohnen produzieren.

Da allen Drohnen auf der gleichen Grundarchitektur aufbauen, kann jeder Nutzer von diesem Erfahrungsschatz profitieren. Wenn es nach Kruck geht, der selbst wie ein großer Teil seines Teams sowie der QS-Gründer Florian Seibel Offizier bei der Bundeswehr war, sollen auch die deutschen Streitkräfte zukünftig zu den Profiteuren gehören.

So haben er und sein Team auf Basis der Erkenntnisse aus der Ukraine ermittelt, dass allein der Bedarf der deutschen Landstreitkräfte im Grundbetrieb bei rund 2.500 QS-Aufklärungsdrohnen – Twister für Zug- bzw. Kompanieebene, Vector für Kompanie- und Bataillonsebene und Reliant für Brigade- bzw. Divisionsebene – liegen müsste, damit eine adäquate luftgestützte Aufklärungsfähigkeit zur Verfügung steht. Im Spannungs- und Verteidigungsfall würde sich der Bedarf nach Ansicht des Unternehmens um den Faktor 10 erhöhen. Quantum Systems könnte diese Fähigkeit in 18 Monaten liefern. Die Kosten dafür schätzt Kruck auf einen mittleren dreistelligen Millionenbereich.

2.500 Drohnen mögen viel erscheinen.  Wenn man jedoch bedenkt, dass die Landstreitkräfte mit den drei Divisionen gerade mal rund 50.000 Soldaten ins Feld führen würden, ist diese Anzahl Krucks Überzeugung zufolge mit Blick auf die Ukraine notwendig. Diese sieht ihren jährlichen Bedarf an Aufklärungsdrohnen bei rund 10.000 Systemen. Die Lebensdauer von Aufklärungsdrohnen sollen bei mehreren Monaten liegen.

Gründe sind laut Kruck die technische Abnutzung durch Gebrauch der Systeme im Kriegseinsatz, Elektronischer Kampf, Abschüsse, Bedienerfehler sowie Bekämpfung der Drohnentrupps am Boden. Nicht alle diese Systeme gehen komplett verloren, müssen aber gegebenenfalls für die Reparatur sowie Modifizierung periodisch aus dem Einsatz genommen werden. Führt man sich diesen Umstand vor Augen, sind 2.500 Systeme wahrlich nicht viel und das für den Bruchteil des Preises einer neuen Fregatte oder einer Hand voll Kampfpflugzeuge bzw. einer Panzerkompanie.

Waldemar Geiger