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Small Anti Drone Missile Integration in den Skyranger 30 vereinbart

Waldemar Geiger

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Die beiden Unternehmen Rheinmetall und MBDA Deutschland heute im Rahmen der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin eine Vereinbarung – Letter of Intent (LOI) – über die Integration des für die Drohnenabwehr konzipierten Lenkflugkörpers Small Anti Drone Missile (SADM) in den Flugabwehrkanonenpanzer Skyranger 30 unterzeichnet.

Wie beide Unternehmen in einer gemeinsamen Pressemitteilung schreiben, sollen mittels der Kombination „bestehende Fähigkeitslücken bei der mobilen Abwehr von Drohnen im Nah- und Nächstbereich“ geschlossen werden. Dazu die von MBDA Deutschland auf Basis der Enforcer-Lenkflugkörperfamilie entwickelte SADM in den Skyranger 30 (auf unterschiedlichen Plattformen) sowie in weitere militärische Fahrzeuge von Rheinmetall integriert werden.

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Nach Angaben der Unternehmen wirkt der neue MBDA-Lenkflugkörper unter Nutzung sogenannter Enforcer-Technologien „effektiv gegen kleine und mittlere Drohnen bei hoher Trefferwahrscheinlichkeit und entsprechend großer Abstandsfähigkeit. Die 30mm-Kanone auf dem Skyranger 30 bietet ihrerseits hocheffiziente, mobile Verteidigung gegen Bedrohungen aus der Luft, indem sie Feuerkraft, intelligente Sensorik sowie hohe Mobilität auf kürzerer Distanz verbindet. Somit ergänzen sich beide Wirkmittel in idealer Weise“.

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Die geschlossene Absichtserklärung umfasst den Angaben von MBDA und Rheinmetall zufolge eine langfristige Zusammenarbeit zur Integration des Flugkörpers in den Skyranger 30 und in weitere militärische Fahrzeuge und zielt auch auf die Entwicklung, Produktion und Integration eines Launchers in die verschiedenen Turmsysteme und in die digitale Systemarchitektur von Rheinmetall ab.

„Als Hauptauftragnehmer für das System Skyranger 30 in Deutschland ist die Small Anti Drone Missile eine ideale und konsequente Ergänzung der Fähigkeiten der Systeme und Fahrzeuge von Rheinmetall. Wir gehen in Vorleistung und schaffen bereits die Voraussetzungen für das industrielle Set-Up, um Entscheidungen des Kunden zügig umzusetzen“, wird Timo Haas, Chief Digital Officer von Rheinmetall in der Mitteilung zitiert.

Nach Aussage von Thomas Gottschild, Geschäftsführer von MBDA Deutschland, zeigen die aktuellen Konflikte deutlich, dass die Drohnenabwehr eine der zentralen Herausforderung für Streitkräfte darstellt. „Um hierfür die bestmögliche Lösung bereitzustellen, bündeln wir unsere Kräfte und bauen auf die Partnerschaft mit Rheinmetall und deren Turmlösungen, um Fähigkeitslücken bei der Drohnenabwehr mit Hilfe unserer Small Anti Drone Missile zu schließen“, so der MBDA-Geschäftsführer.

Die Aussagen der Beiden Unternehmensvertreter deuten stark darauf hin, dass man die SADM der Bundeswehr als möglichen zukünftigen Drohnenabwehrflugkörper offerieren will. Die deutschen Streitkräfte haben eigenen Angaben zufolge eine Fähigkeitslücke im Bereich der Drohnenabwehr, die mittels der Beschaffung eines Lenkflugkörpers gegen unbemannte Systeme geschlossen werden solle. Laut Aussage eines Mitarbeiters des Beschaffungsamtes der Bundeswehr BAAINBw in einem kürzlich erschienenen Fachartikel soll das Wirkmittel voraussichtlich ab 2028 anstelle des Stinger in den Flugabwehrpanzer – gemeint ist der Skyranger – integriert werden. Die SADM gilt als ein potenzieller Kandidat für die Schließung der Fähigkeitslücke.

Das auf der ILA gezeigte Turmmodell des Skyranger 30 beinhaltete einen Werfer mit neun SADM-Flugkörpern, was im Gegensatz zu der geplanten Integration von vier Stingern eine deutliche quantitative Steigerung darstellen würde. Aus Herstellerkreisen ist zu vernehmen, dass der Werfer bei Bedarf auch um weitere Dreierpacks erweitert werden könnte.

Als Alternative zu einer Bewaffnung des Skyranger 30 Turmes mit vier MANPADS vom Typ Stiger kann ein Werfer mit den neun Anti Drone Missiles installiert werden. (Bild: hartpunkt / Lars Hoffmann)

Die Absicht der Integration auf weitere Turmsysteme kann zudem als Hinweis verstanden werden, dass die SADM auch als querschnittliches Drohnenabwehrmittel positioniert werden soll. Denkbar wären hier wohl die Integration solcher Lenkflugkörper auf eine breite Palette von Plattformen, wozu neben Kampfpanzern wohl auch Schützenpanzer zählen können.

Skyranger 30

Die Bundeswehr hat Ende Februar 2024 in einem ersten Schritt 19 Flakpanzer Skyranger 30 auf Boxer-Fahrgestell bestellt, welche ab 2026 der Truppe zulaufen sollen. Als Zweibewaffnung werden die Systeme mit MANPADS des Typs Stinger ausgestattet. Dem Vernehmen nach werden dafür Stinger-Flugkörper genutzt, die vormals für den Kampfhubschrauber Tiger beschafft wurden.

Das zentrale Element des Skyranger 30 bildet laut Hersteller die KCE-Revolverkanone im Kaliber 30 x 173 mm mit einer Reichweite von ca. 3.000 m und eine Feuerrate von 1.200 Schuss pro Minute.

Die Waffe habe ihre immense Feuerkraft und Präzision in der Erprobung unter widrigsten Wetterbedingungen bewiesen und sei in der Lage, sogenannte Air Burst Munition (ABM) zu verschießen. Die 30-mm-ABM-Technologie von Rheinmetall programmiert dem Unternehmen zufolge das Projektil beim Rohraustritt so, dass es nach einer voraus berechneten Strecke detoniert und dabei eine große Zahl von Subprojektilen aus Wolfram freisetzt, die quasi eine schnell fliegende Wolke bilden, die auch kleine Drohnen außer Gefecht setzen kann.

Eine Salve von 18 Schuss, von denen jeder 200 Gramm Subprojektile enthält, erzeugt so ein Salvengewicht von 3,6 Kilogramm. Da die einzelnen Patronen trotz modernster Fertigung mitunter leicht unterschiedliche Treibladungsmengen aufweisen, unterscheiden sich auch ihre Mündungsgeschwindigkeiten entsprechend. Würden alle Projektile so programmiert, also ob sie die gleiche theoretische Mündungsgeschwindigkeit aufweisen, könnte sich dann erhebliche Abweichungen beim gewünschten Detonationspunkt ergeben. Um dies zu vermeiden, hat Rheinmetall nach eigenen Angaben eine Technik entwickelt, mit der an der Rohrmündung zunächst die tatsächliche Geschwindigkeit gemessen wird und erst danach die Programmierung erfolgt. Das erhöht die Präzision.

Als Radarsensor fungieren drei Spexer-Radarpanelen von Hensoldt, die einen Winkelbereich von je 120 Grad abdecken. Pro Panel können Hensoldt zufolge mehr als 300 Ziele gleichzeitig aufgeklärt und verfolgt werden. Die Detektionsfähigkeit ist sowohl für Micro-Drohnen als auch Kampfflugzeuge und Lenkflugkörper gegeben. Mit der Scan-on-the-move-Fähigkeit kann Spexer auch in der Bewegung aufklären. Das Radar arbeitet im Frequenzbereich 9,2 bis 10 GHz (X-Band) und kann je nach Einstellung Ziele in bis zu 40 Kilometern Entfernung aufklären. Neben den Spexer-Radaren wird der Skyranger 30 zudem auch über eine leistungsfähige Elektrooptik verfügen.

Small Anti Drone Missile

MBDA Deutschland plant seit geraumer Zeit eine breite Effektorfamilie auf Basis des Enforcers zu realisieren. Darunter auch einen auf die Abwehr von Drohnen spezialisierter Boden-Luft-Flugkörper.

Im Gegensatz zum Enforcer-Flugkörper – in der Bundeswehr als „Leichtes Wirkmittel 1800+“ eingeführt – ist die Small Anti Drone Missile reichweitengesteigert und mit einem speziellen Suchkopf gegen Ziele in der Luft versehen. (Bild: hartpunkt / Lars Hoffmann)

Der Drohnenabwehrlenkflugkörper soll im Vergleich zum ursprünglichen Enforcer-Flugkörper – in der Bundeswehr als „Leichtes Wirkmittel 1800+“ eingeführt – reichweitengesteigert und mit einem speziellen Suchkopf gegen Ziele in der Luft versehen werden. Wie man anhand des Fotos gut sehen kann, wird die Reichweitensteigerung mittels eines an den Enforcer-Flugkörper angebrachten Boosters erzielt. Die Reichweite soll rund fünf Kilometer betragen.

Nach Aussagen von MBDA soll der SADM-Flugkörper Elemente des Enforcers enthalten, was die Entwicklung und Produktion erheblich vereinfachen soll. Auch Synergien in Ausbildung und Logistik sollen damit gehoben werden können.

Waldemar Geiger