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Spähfahrzeug Next Generation – Korsak soll auf Basis von Piranha 6×6 realisiert werden

Waldemar Geiger

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Der zukünftige Spähpanzer der Heeresaufklärungstruppe soll auf Basis des Piranha 6×6 von General Dynamics European Land Systems (GDELS) realisiert werden. Wie hartpunkt aus gut informierten Kreisen erfahren hat, hat sich das Fahrzeug erfolgreich in dem „Dreikampf“ um den Korsak, so die geplante Bundeswehr-Bezeichnung des zukünftigen Spähfahrzeuges, durchgesetzt. Neben GDELS waren noch zwei weitere Anbieter ins Rennen gegangen. Sowohl Rheinmetall, mit dem Fuchs Evolution, als auch KNDS Deutschland, mit dem Patria CAVS, wollten dem Vernehmen nach ebenfalls das „Spähfahrzeug Next Generation“ der Bundeswehr liefern.

Bevor das Piranha-Fahrzeug jedoch endgültig als Sieger des Vergleichswettbewerbes gekürt werden kann, wird es sicherlich noch dauern, zuerst müssen Einspruchsfristen berücksichtigt werden. Anschließend muss die Auftragsvergabe noch das parlamentarische Verfahren (25-Mio-Vorlage) durchlaufen. Dem Vernehmen nach wird angestrebt, Ende dieses Jahres bzw. Anfang 2025 einen Vertragsschluss zu vollziehen. Sollte es tatsächlich dazu kommen, wäre es das zweite Bundeswehrvorhaben innerhalb kurzer Zeit, welches auf Basis der Piranha-Plattform realisiert würde.

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Mit dem Korsak beabsichtigt die Bundeswehr, einen Teil der derzeit von den Heeresaufklärungstruppen genutzten Spähwagen leicht 4-Rad Fennek abzulösen. Einer Veröffentlichung des BAAINBw zum Zeitpunkt der Eröffnung des Teilnahmewettbewerbes (Herbst 2023) zufolge beabsichtigt die Bundeswehr die Beschaffung von bis zu 252 neuen, durchsetzungsstarken Spähfahrzeugen, wovon im ersten Schritt aber nur 92 Fahrzeuge fest beauftragt werden. Der Zulauf der ersten beiden Systeme, die als Nachweismuster dienen sollen, ist für 2026 vorgesehen, vorausgesetzt der angestrebte Vertragsschluss verzögert sich nicht zu sehr. Die 90 weiteren Serienfahrzeuge sollen dann 2027 und 2028 folgen. 162 weitere Spähfahrzeuge sind als Option enthalten.

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Über das Piranha-6×6-Angebot von GDELS ist bis dato nur wenig bekannt, da das Fahrzeug noch nicht öffentlich in Erscheinung getreten ist. Beobachter gehen davon aus, dass GDELS für das Angebot eine Anpassentwicklung einer aktuellen 8×8-Piranhaplattform vornehmen wird. Dazu würde man das Fahrzeug um eine Achse und die entsprechende Länge kürzen. Da die Korsak-Leistungsbeschreibung zudem eine Schwimmfähigkeit des Fahrzeuges fordert, kann davon ausgegangen werden, dass die angebotenen Fahrzeuge nicht viel stärker als STANAG 4569 Stufe 2 gepanzert sein werden. Damit dürfte der 6×6-Piranha zudem deutlich an Panzerungsgewicht gegenüber dem 8×8 verlieren. In Kombination mit den Gewichtseinsparungen aus der Kürzung der Länge, der Entfernung der vierten Achse, der leichteren Panzerung und dem auf die Masse eines 8×8-Fahrzeuges ausgelegten Antriebsstrangs müsste der 6×6-Piranha ein exzellentes Leistungsgewicht mit der entsprechenden Agilität im Gelände aufweisen.

Mit dem Piranha würde die Heeresaufklärungstruppe ein Fahrzeug erhalten, welches auf Basis eines modernen Gefechtsfahrzeugkonzeptes entwickelt wurde. Im Gegensatz zu einem weitverbreiteten 6×6-Radpanzerdesign ist das Piranha-Triebwerk – genauso wie beim Boxer sowie den Schützenpanzern Marder und Puma – nicht hinter der Fahrerkabine, sondern rechts neben dem Platz des Kraftfahrers untergebracht. Dies hat unter anderem den Vorteil, dass auch der vordere Teil des Fahrzeugdaches für die Integration von Aufbauten – Turm, Sensorik – zur Verfügung steht. Bei dem klassischen 6×6-Plattformdesign hingegen können Aufbauten erst hinter dem Motor integriert werden, da die Dachfläche über dem Triebwerk freibleiben muss. Die Platzierung des Maschinenkanonenturmes möglichst weit vorne am Fahrzeug erweitert den Wirksektor der Waffe sowohl beim Schwenkbereich nach unten (wichtig für Hinterhangstellungen) als auch beim Wirken um Hindernisse (beispielsweise Hausecke) herum, wo eine signifikant geringere Fahrzeugfläche „präsentiert“ werden muss.

Technische Anforderungen an den Korsak

Wie aus einer früheren Veröffentlichung des BAAINBw auf der europäischen Online-Vergabeplattform TED hervorgeht, handelt es sich bei dem Korsak „um den Hauptmobilitäts- und Funktionsträger der fahrzeuggebundenen Spähaufklärung. Als gepanzertes, radbasiertes Fahrzeug soll das Spähfahrzeug Next Generation (SpähFz NG) durch hohe taktische Mobilität (inkl. Schwimmfähigkeit), umfassende Ausstattung mit Kommunikations-/Informationssystemen und Navigationsmitteln sowie Mitteln der Durchsetzungs- und Durchhaltefähigkeit die Überlebensfähigkeit der Heeresaufklärungstruppe in der Area of Intellligence Responsibility sicherstellen.“

Bewaffnung

Öffentlich ist bisher nur bekannt, dass der Korsak über eine 25-mm-Maschinenkanone sowie eine D-LBO-Führungsausstattung und Nebelmittelwurfanlage verfügen soll.

hartpunkt vorliegenden Informationen zufolge wird die angesprochene Maschinenkanone samt dem dazugehörigen „Turm“ der Industrie „vorgegeben“. Bei diesem als „querschnittliche Waffenanlage mittlere gepanzerte Plattformen“ bezeichnetem System handelt es sich um eine Turm-Maschinenkanone-Kombination, welche im Rahmen des Beschaffungsprojektes „Luftbeweglicher Waffenträger“ (LuWa) entwickelt/ausgewählt wird. Das LuWa-Vorhaben selbst hat gut informierten Kreisen zufolge eine „Projektstörung“. Dem Vernehmen nach soll der von der Industrie aufgerufene Entwicklungs- und Herstellungspreis deutlich über dem zur Verfügung stehenden Budgetrahmen liegen. Zur Auflösung einer solchen Projektstörung gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Erhöhung des Budgets oder Senkung der Projektkosten – beispielsweise Abnahme einer geringeren Stückzahl oder Verzicht auf bestimmte Leistungsforderungen.

Dem Vernehmen nach steht jedoch sowohl das Turmdesign als auch der Hersteller der 25mm-Maschinenkanone fest, da nur Rheinmetall ein fristgerechtes Angebot abgegeben haben soll. Die entsprechende Turmlösung konnte im Rahmen des Rheinmetall-Messeauftrittes auf der Eurosatory 2024 in Paris betrachtet werden. Rheinmetall hat dort eine „Combat Reconnaissance Vehicle“-Variante des Fuchs Evolution gezeigt. Als Bewaffnung des in Paris gezeigten Combat Reconnaissance Vehicle dient eine Rheinmetall-Maschinenkanone vom Typ KBA im Kaliber 25 x 137 mm. Der Gasdrucklader wiegt rund 112 kg und verfügt über eine Doppelgurtzuführung. Die Kadenz der Waffe beträgt im Feuerstoßmodus bis zu 600 Schuss pro Minute. Die KBA kann jedoch auch in den Modi Einzelschuss und schneller Einzelschuss betrieben werden, dann beträgt die Kadenz 100 bzw. 200 Schuss pro Minute. Integriert ist die 25mm-Maschinenkanone in einem leichten, stabilisierten Mittelkaliberturm des slowenischen Herstellers Valhalla Turrets. Das Gewicht von Turm und Waffe soll bei rund 700 kg liegen.

Ein Panzerabwehrfähigkeit ist dem Vernehmen nach für den Korsak nicht gefordert. Diese Fähigkeit soll offenbar mittels eingeführter Panzerabwehrhandwaffen der Bundeswehr abgebildet werden. Perspektivisch wird aber wohl auch über die Abbildung dieser Fähigkeit mittels Loitering Munition nachgedacht.

Darüber hinaus wird der Korsak über zahlreiche Kommunikationsmittel verfügen, die eine Übertragung von Sprache und Daten auf unterschiedlichen Frequenzbändern erlauben. Damit wird die Besatzung in die Lage versetzt, bei Bedarf Aufklärungsergebnisse an die übergeordnete Führung zu funken oder weitreichende Feuerunterstützung abzurufen und diese ins Ziel zu lenken.

Mobilität

Insidern zufolge war die Ausschreibung mobilitätsplattformunabhängig gestaltet. Das heißt, es wurde der Industrie nicht vorgeschrieben, ob es mit einem Fahrzeug mit der Antriebsformel 4×4, 6×6 oder 8×8 in den Wettbewerb geht. Es gibt jedoch geforderte Parameter, die darauf hindeuten, dass es sich bei dem siegreichen Fahrzeug um eine 6×6- oder 8×8-Plattform handeln dürfte.

So ist dem Vernehmen nach eine Gesamtmasse von unter 30 Tonnen gefordert, wovon 20 Prozent für die Aufwuchsfähigkeit vorgesehen sind. Damit dies gelingt, dürfte das vollbeladene Serienfahrzeug inklusive Besatzung die 25 Tonnen Gewichtsgrenze nicht überschreiten.

Die Schwimmfähigkeit war zwar gefordert, aber nicht als Muss- sondern als Soll-Kriterium. Die recht hohe Bepunktung dieses Kriteriums lässt Insider jedoch davon ausgehen, dass die Industrie Fahrzeuge mit amphibischen Fähigkeiten angeboten hat, um sich den Sieg im Wettbewerb zu sichern. Als Muss-Kriterium gilt dagegen ein Schleichfahrtmodus, welcher jedoch technologieoffen gestaltet ist. Die Lösung muss also keinen Hybridantrieb enthalten.

Weiterhin war gefordert, dass der Korsak eine Höchstgeschwindigkeit von mindestens 100 km/h auf ebener Straße erreichen muss und eine Reichweite von mindestens 1.100 km bei einer Marschgeschwindigkeit von 60 km/h auf ebener Straße.

Sensorik

Das „Hauptwaffensystem“ eines jeden Spähfahrzeuges ist die leistungsfähige Sensorik und entsprechende Kommunikationsmittel. Der Korsak soll hartpunkt vorliegenden Informationen zufolge über einen leistungsfähigen Sensorik-Mix verfügen. Neben optischen und optronischen Beobachtungssystemen wird er auch über akustische sowie weitere Sensoren verfügeben, welche die Aufklärung im elektromagnetischen Spektrum ermöglichen. Auch eine Wirkfähigkeit zum Selbstschutz im elektromagnetischen Spektrum war gefordert.

Waldemar Geiger