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thyssenkrupp Marine Systems mit mehreren Neuerungen für U-Boot-Klasse 209

Lars Hoffmann

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Mit über 60 Auslieferungen an mehr als ein Dutzend Marinestreitkräfte weltweit ist die U-Boot-Klasse 209 das erfolgreichste Modell des deutschen Marineschiffbauers thyssenkrupp Marine Systems (tkMS). Obwohl das Ur-Modell bereits Ende der 60er Jahren entwickelt wurde, hat das auch als HDW-Klasse 209 bezeichnete Bootsdesign womöglich noch mehrere Dekaden vor sich. Denn tkMS bietet die Klasse mit dem Zusatz Next Generation (NG) mit einer Reihe von Innovationen an, die Kunden optional wählen können. Damit stellt sich der Entwurf als vermutlich kostengünstige Alternative zu den jüngeren Entwicklungen wie der Klasse 214 oder 212 CD dar.

Wie aus einem Fachbeitrag des Unternehmens in einer für die Inhouse-Messe Subcon erstellten Publikation hervorgeht, wird U 209 NG in Zukunft auch mit einer Lithium-Ionen-Batterie angeboten, die eine deutlich größere Energiedichte aufweist, als die klassischen Blei-Säure-Batterien. Das ermöglicht längere Fahrzeiten mit Batteriestrom bei gleichzeitig geringerem Wartungsaufwand. Lithium-Ionen-Batterien gelten als nächster Schritt im U-Boot-Bau, sind allerdings teurer als die herkömmliche Technologie. Wie an dieser Stelle berichtet, plant tkMS den Testbetrieb einer Lithium-Ionen-Batterie auf einem U-Boot der deutschen Marine. Auch die norwegisch-deutschen Boote der Klasse 212 CD sollen grundsätzlich für die Nutzung der Lithium-Technologie geeignet sein. Als Lieferant der Zellen für die Batterie hatte tkMS vor einigen Jahren das französische Unternehmen Saft ausgewählt.

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Nach Angaben von tkMS können Boote der Klasse 209 NG entweder von Beginn an oder auch später bei den regelmäßig anstehenden Überholungsarbeiten mit Lithium-Ionen-Zellen ausgestattet werden, denn die Lithium-Ionen-Module haben laut der Werft die gleichen Abmessungen wie die Blei-Säure-Batteriemodule. Der Einbau sei auch am Standort des Kunden ohne größere Modifikationen am U-Boot möglich.

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Darüber hinaus können die Boote auf Wunsch auch mit einem neu entwickelten elektrischen Antriebsmotor als Ersatz für der konventionellen Gleichstrommotor ausgestattet werden. Der neue Motor ist laut tkMS bei einer Leistung von mehr als 3,5 MW stufenlos zu regulieren und erreicht eine Effizienz von etwa 97 Prozent. Durch die Wasserkühlung fallen den Angaben zufolge die Lüftergebläse weg, was zu einer weiteren Reduktion der Geräuschsignatur führen soll.

tkMS hat für die NG-Variante nach eigenen Angaben auch das elektrische Bordnetz überarbeitet, um den Ansprüchen des neuen Motors sowie der Lithium-Ionen-Technologie gerecht zu werden. Dabei wurde auch die wachsende Bedeutung eines 230-Volt-Netzes berücksichtigt.

Dem Artikel zufolge haben die Schiffbauer die vier Dieselaggregate des Typs MTU 12V396 durch zwei Sets mit den moderneren 12V400-Dieseln von MTU ersetzt. Während die Leistung beibehalten wurde, bietet die Reduktion auf zwei Sets deutliche logistische Vorteile, unter anderem weil weniger Wartungsarbeiten anfallen. Außerdem werden durch die neuen Aggregate die Wartungsintervalle verlängert, was die Lebenszykluskosten verringert, wie tkMS ausführt. Der Hersteller der Diesel biete einen In-Service-Support sowie einen langfristen Ersatzteildienst.

Aus dem Beitrag geht zudem hervor, dass die Boote der Klasse 209 NG auch mit verbesserten Hilfssystemen, wozu Hochdruckkompressoren oder Hydraulik-Elemente gehören, ausgestattet werden. Erstmals wird bei der Klasse eine elektrischer Ruderantrieb eingesetzt und auf die bislang genutzte hydraulische Steuerung verzichtet, was unter anderem die Energieeffizienz verbessern soll.

Als Führungs- und Waffeneinsatzsystem (FüWES) kommt den Angaben zufolge das zusammen von Atlas Elektronik und Kongsberg im Joint Venture KTA Naval Systems entwickelte ORCCA-System zum Einsatz, dass laut tkMS COTS/MOTS-Hardware verwendet und gleichzeitig durch seine offene Software-Architektur neue Funktionen integrieren kann. Für die Nutzung von ORCCA werden sieben Multifunktions-Konsolen in die neue designte Operationszentrale an Bord gebracht, bei der jede Konsole über alle FüWES-Funktionalitäten verfügt.

Beim für die Schiffskontrolle zuständigen Ships Technical Center (STC) hat tkMS nach eigenen Angaben auf die Erfahrungen mit den Booten der HDW-Klasse 214 zurückgegriffen. Dabei komme eine modernes Plattform-Management-System mit modernen Displays zum Einsatz.

Eine Neuerung für die Klasse 209 NG stellt die optionale Nutzung eines sogenannten Horizontal Multi-Purpose Lock (HPML) dar. Wie aus einer Grafik zu entnehmen ist, wird diese Druckschleuse mit einem Durchmesser von etwa 1,5 Metern zwischen sechs Torpedorohren, die halbkreisförmig um das HPML angeordnet sind, am Bug des U-Bootes platziert. Das HPML könne für Spezialkräfte, spezielle Ausrüstung oder Waffen genutzt werden. Außerdem könnten im HPML Unmanned Vehicles integriert oder die Schleuse im Rettungsfall genutzt werden. In der Vergangenheit ausgelieferte Boote der Klasse 209 verfügen über acht Torpedorohre.

Laut tkMS weist der Entwurf von 209 NG überdies eine große Flexibilität bei den im Turm integrierten Ausfahrgeräten auf. Die Basis-Konfiguration bestehe aus einem Schnorchel, einem Kommunikationsmasten, einem Satellitenkommunikationsmasten, einem Radarmast, einem Optronik-Mast sowie einem Angriffs-Sehrohr. Letzteres könne durch einen sogenannten Attac Optronic Mast ersetzt werden. Außerdem seien einige Mast-Positionen austauschbar und es bestehe die Möglichkeit, einen ESM-Mast in den Turm zu integrieren.

Nach Angaben des Herstellers sind die Boote der Klasse 209 NG bereits hinsichtlich ihrer akustischen Signatur optimiert. Sollte ein Gegner jedoch ein aktives Sonar einsetzen, ist eine möglichst geringe Target Echo Strength (TES) vorteilhaft. Um die TES zu reduzieren, wenn ein „Ping“ auf den Bootskörper trifft, kann ein Kunde auf Wunsch eine sogenannte TES Nose, einen spitz zulaufenden Bug wie er offenbar für die Boote der Klasse 212 CD vorgesehen ist, bestellen. Zusammen mit einer speziellen sonarabsorbierenden Beschichtung erhält das Boot laut tkMS damit gewisse Stealth-Attribute.

Dass es durchaus Interesse an der modernen Version des U 209 NG gibt, lässt sich aus argentinischen Medien entnehmen. Wie es dort heißt, hat tkMS drei Boote der Klasse 209 NG für das argentinische Beschaffungsprogramm angeboten. In welcher Konfiguration ist jedoch nicht klar. Es wird spekuliert, dass zumindest das ORCCA-FüWES vorgeschlagen wird. Allerdings ist offenbar noch keine Entscheidung im Wettbewerb gefallen. Der einzige Mittbewerber soll die französische Naval Group mit ihrem Scorpene-Boot sein. Die Franzosen haben Anfang des Jahres einen Zuschlag in Indonesien für neue U-Boote erhalten.

Lars Hoffmann